Wenn die Spieler von Borussia Dortmund heute Abend den Rasen betreten, wird das Dortmunder Stadion Austragungsort eines Konflikts, der Fußball-Deutschland seit Monaten spaltet: Soll die Bundesliga am Montag spielen? Die klare Antwort des Fanbündnisses Südtribüne: Nein. Deswegen wollen BVB-Anhänger das Heimspiel gegen den FC Augsburg (20.30 Uhr/Eurosport-Player) boykottieren und ihre Mannschaft nicht im Stadion unterstützen. Was macht den Konflikt um die Montagsspiele so kompliziert? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
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Seit wann gibt es Montagsspiele? Tatsächlich fand das erste Montagsspiel schon in der ersten Bundesligasaison statt. 1964 verlor der BVB am Ostermontag ein Nachholspiel gegen den 1. FC Saarbrücken mit 1:2. Es folgten 14 weitere Partien. Die Gründe: der Osterhase, die Witterung, die Olympischen Spiele. Der VfL Bochum trat 1987 sogar freiwillig am Montag an, um mehr Zuschauer zu locken. Das klappte nicht: Nur 5000 Fans sahen die 1:4-Pleite gegen Bayer Uerdingen. Nun sind zum ersten Mal fünf Montagsspiele fest eingeplant. Den Anfang machte Frankfurt gegen RB Leipzig (1:0) vorige Woche.Warum gibt es diese fünf Montagsspiele überhaupt? Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) betont, dass kommerzielle Gründe für die Termine nicht entscheidend waren: „Auf die Montagsbegegnungen entfällt weniger als ein Prozent der Medienerlöse.“ Vielmehr sollen die Europa-League-Starter, die am Donnerstagabend spielen, einen Tag länger regenerieren. Auch der traditionell am Sonntag stattfindende Amateurfußball soll entlastet werden. Alle 36 Klubs der 1. und 2. Liga hatten zugestimmt. Um auch den reisenden Fans entgegenzukommen, wurden gleichzeitig die Englischen Wochen von ursprünglich vier auf zwei reduziert.
Warum gibt es dann den Protest? Die Gegner halten die Gründe der DFL für fadenscheinig. Sie sehen in den Montagsspielen eine weitere Kommerzialisierung des Fußballs. „Für uns ist der Punkt erreicht, an dem die Grenze des Hinnehmbaren endgültig überschritten ist“, erklärt etwa das Fanbündnis Südtribüne, ein Zusammenschluss von 38 Dortmunder Fanklubs und den Ultra-Gruppierungen. „Die Problematik rund um die Montagsspiele ist nur eine prägnante Facette eines schon länger andauernden Prozesses“, sagt Fan-Forscher Sebastian Uhrich von der Sporthochschule Köln im Gespräch mit dieser Zeitung: Fußball sei inzwischen ein Geschäft, „in dem die Vereine ihr Handeln vor allem an der Frage ausrichten, wie sie Geld verdienen können“, so Uhrich. Die Fans fürchten, dass ihre Interessen deswegen keine Rolle mehr spielen.
Bleibt die Südtribüne wirklich leer? Das ist eher unwahrscheinlich. Aber es werden wohl große Lücken klaffen. Über 350 Gruppierungenhaben angekündigt, dem Boykottaufruf zu folgen – auch Anhänger, die nicht in einer Fangruppe organisiert sind. Grundsätzlich lässt sich aber schwer einschätzen, wie groß die Gruppe der Gegner ist.
Bleibt es friedlich? Ja, meint die Polizei Dortmund, sie erwartet „ein absolutes Grünspiel“. Für Hans-Joachim Watzke sind Meinungsäußerungen kein Problem. „Es gibt natürlich gewisse Grenzen, die alle einhalten müssen, und ich gehe davon aus, dass das auch so passiert“, meint der Geschäftsführer der Borussia.
Könnten die Montagsspiele wieder abgeschafft werden? Die DFL hat versprochen, dass die Zahl der Montagsspiele nach 2021 nicht ausgeweitet wird. Bis dahin sind fünf Termine pro Saison im TV-Vertrag verankert. Und dann? „Ohne Montagsspiele werden wir vielleicht ein, zwei Millionen Euro weniger einnehmen. Aber eine größere Einheit mit den Fans ist uns mehr wert“, sagt etwa Watzke. Auch Fan-Forscher Uhrich räumt den Anhängern genug Macht ein, die Montagsspiele abzuschaffen. Allerdings seien diese eben nur eine Ausprägung der Kommerzialisierung. „Den generellen Prozess werden sie nicht rückgängig machen können“, so Uhrich.